Martin Zinser
Seit Ostern 2020 ist die Katze aus dem Sack. Was während drei Jahren in aller Stille minutiös vorbereitet wurde, konnte Martin Zinser nun endlich kommunizieren. Mit seinen Partnern lancierte er als Geschäftsführer die brandneue Plattform sportlifeone, die sich mit nachhaltigen und massgeschneiderten Angeboten an Profisportler, Nachwuchsathleten, Ehemalige und Sportfunktionäre richtet. Die erste Inspiration zu diesem kompakten, unabhängigen Netzwerk holte er sich 2016 im CAS Sportmanagement.
Martin hat die Schweiz an drei Weltmeisterschaften vertreten – in der «kleinen» Sportart Radball gewann er in den achtziger Jahren zweimal WM-Bronze. Er beendete seine sportliche Laufbahn, in der es auch als Weltmeister keinen Rappen zu verdienen gibt, frühzeitig und schlug eine berufliche Karriere als Sportjournalist ein. Nach fünf Jahren bei der Winterthurer Regionalzeitung «Der Landbote» arbeitete er während 23 Jahren beim Schweizer Fernsehen. Als Live-Kommentator Bob und «rasender Reporter» erlebte er 1998 die Olympischen Winterspiele in Nagano, danach wurde er Redaktionsleiter der Magazine «sportaktuell» und «sportpanorama». Von 2004-2015 stand er der Redaktion «sportlive» vor, wo er die programmliche, personelle und finanzielle Verantwortung innehatte. In dieser Zeit konnte er sich einerseits ein dichtes Netzwerk im Schweizer Sport aufbauen, andererseits ein sehr differenziertes Bild über die Sonnen- und Schattenseiten von Berufssportlern machen.
Ich arbeitete beinahe 30 Jahre als Sportjournalist, war über zwei Jahrzehnte beim Schweizer Fernsehen am Malochen. Ich gab immer Vollgas und nahm mir nie eine Auszeit für eine Weiterbildung oder Inspiration von aussen. Als ich mich dann per Ende 2015 von meinem langjährigen Arbeitgeber getrennt hatte, wollte ich dieses Versäumnis endlich nachholen. Das kompakte Programm, die Referenten, die Aussicht auf viele neue Kontakte, das Renommee der HSG, der vertiefte Einblick in die Arbeits- und Denkweise eines populären Bundesligavereins – das alles hat mich überzeugt. Ich war dankbar, als über 50 Jähriger einen Studienplatz im CAS Sportmanagement erhalten zu haben, verspürte viel Lust und Vorfreude.
Eines vorweg - meine Erwartungen wurden absolut erfüllt. Jeder Tag war eine Bereicherung. Sei es wegen der vielfältigen Themensetzung, der überzeugenden Referierenden oder der zahlreichen Gespräche mit den anderen Studierenden. Für mich waren diese vier Wochen in St. Gallen und Gelsenkirchen die erhoffte Inspiration. Dabei schnappte ich immer wieder auf, dass es für Profisportlerinnen und Profisportler keine nachhaltigen, kompakten Angebote gebe, die den Übergang in die Nachkarriere vereinfachen. Dieses Thema blieb bei mir hängen, es löste später einen spannenden Prozess aus. Und daraus ist nun vier Jahre später etwas Konkretes entstanden - die Plattform sportlifeone.
Es gibt natürlich zahlreiche Agenturen, die ihren Klienten ähnliche Leistungen versprechen – zumeist werden diese dann extern abgeholt. Sportlifeone ist eine Art Boutique und hat diese Expertise in den eigenen Reihen, im eigenen Netzwerk. All unsere sechs Netzwerkpartner haben grosses Know-how und Erfahrungen in den Themen Versicherung, Vermögensberatung, Steuern, Marketing, Kommunikation, Mediencoaching sowie Karriereplanung. Alle sind komplett unabhängig, sie sind ausser dem Kunden niemandem verpflichtet. Mit anderen Worten: Wir können für jeden Kunden, egal aus welcher Sportart und egal mit welchem Anliegen, ein Optimum herausholen. Für Clubs und Verbände, aber auch für die Agenturen steht die Sportlerin/der Sportler im Zentrum aller Überlegungen. Hier geht es hauptsächlich um den sportlichen Fortschritt bis zum letzten Tag der Karriere – dann ist diese tiefe Beziehung beendet. Sportlifeone stellt den Menschen, der den Leistungssport wählt, ins Zentrum und will ihm weit über das Karriereende hinaus, ein ganzes Leben lang, ein treuer und kompetenter Gesprächspartner sein.
Bedingung ist ein sportlicher Leistungsausweis. Wir wollen Personen ansprechen, die in einem frühen Lebensabschnitt voll auf die «Karte Sport» gesetzt haben. Im Fussball und Eishockey hat man einem Kader der obersten zwei Ligen angehört, in anderen Teamsportarten in der höchsten Stärkeklasse gespielt haben,, Einzelsportler besitzen eine Swiss Olympic Card oder Talent Card. Und solche, die früher eines dieser Kriterien erfüllten, sind als Ehemalige oder Sportfunktionäre willkommen. Die Mitgliedschaft ist kostenlos, die Anmeldung läuft über unsere Plattform www.sportlifeone.ch. Wir wollen unserer Community nicht nur massgeschneiderte Angebote, sondern auch Erlebnisse bieten. So planen wir zum Beispiel jährlich zwei Events, wo sich unsere Mitglieder treffen und ein Erlebnis haben können.
Es liegt in der Natur des jungen Menschen, dass er eher sorglos und optimistisch ist. Ich war da als Zwanzigjähriger auch nicht anders. Es geht in einem gewissen Sinne um Aufklärungsarbeit, dass das Profisportlerleben ein extrem intensiver Lebensabschnitt ist, dem danach eine weit längere, ruhigere Phase folgt, bei der man möglicherweise nochmals bei «Null» anfängt und viele zudem auch eine Familie haben wollen. Fussball-, Eishockey- und Tennisspieler sowie Skirennfahrer, die zur Weltspitze gehören, können in zehn Jahren viel Geld verdienen. Das eigene Umfeld kann damit überfordert sein - plötzlich hat man auch ganz viele neue «Freunde». Es muss nicht die beste Idee sein, einem Kollegen 100’000 Franken für den Aufbau eines neuen Restaurants zu überlassen. Es ist nicht zwingend notwendig, in der Garage gleich drei tolle Sportwagen stehen zu haben. Es wäre vielmehr ratsam, sich von einem professionellen Vermögensberater die besten Varianten aufzeigen und einen individuellen Finanzplan skizzieren zu lassen. Jeder Sportler wird auch dann noch genügend Luft für ein paar «schöne Sachen» haben. Dank einer optimalen Anlagestrategie, zu der auch Investitionen in Renditeliegenschaften gehören, wird der finanzielle Boden für die Zeit danach weitaus sicherer sein.
Ich denke sehr gerne an meinen Sitznachbar Christoph Spycher, die Schalke-Legende Gerald Asamoah, den ehemaligen österreichischen Nationaltorhüter Michael Gspurning, den neuen Sportchef der Lakers Janick Steinmann oder an die Moggi-Zwillinge aus dem Emmental zurück. Diese Menschen, aber auch alle weniger prominenten Teilnehmer, waren für mich sehr bereichernd. Für mich sind Spitzensportler – nicht falsch verstehen – auch «nur» Menschen, denen ich auf Augenhöhe begegnen will. Ich bewundere und respektiere deren Fähigkeiten, Leistungsbereitschaft und Erfolge. Unsere Kommilitonen behalte ich als kollegiale Einheit in Erinnerung, in der sich keiner zu wichtig nahm. Auch wenn es – von aussen her betrachtet – ein paar sehr grosse Namen dabei hatte.
Sport interessiert mich schon von Kindesbeinen an, ich konnte meinen Traumberuf wählen und war – wie schon erwähnt – beinahe dreissig Jahre in dieser Szene. Es sind die Menschen, deren Träume, Emotionen und Geschichten, die ich als Journalist weitererzählen und würdigen durfte. Da zu sein, wo die «Post abgeht» – aus der Nähe, aber immer auch mit einer gewissen Distanz über den Sport und dessen Akteure zu berichten. Spannend war stets, grosse Zusammenhänge zu verstehen, Hintergründe zu kennen. Ich wollte immer mehr genau hinsehen und auch bereit sein aufzuzeigen, wenn etwas schief gelaufen war. Fragen stellen, Antworten finden – und der Wahrhaftigkeit verpflichtet sein.
Ich war 1998 in Atlanta mit meinem Kamerateam hautnah dabei, als Pascal Richard die Ziellinie des olympischen Strassenrennens als Sieger überquerte. Wenige Tage später ging im Centennial Park – nur etwa 300 Meter neben meinem Hotel – eine Bombe hoch. Mein Verhältnis zu Olympia ist gespalten. Es ist einerseits die faszinierende Grossartigkeit, das grosse Ritual, das Sportfest der Besten aus allen Disziplinen. Aber es ist andererseits auch der Gigantismus mit all seinen Schattenseiten, was mir bei den Spielen in Sotschi 2014 nochmals auffiel. Es störte mich zu wissen, dass Olympia und der russische Staat die Interessen der einheimischen Bevölkerung mit Füssen tritt, dass die Natur verschandelt wird – und ich all das als Teil der olympischen Familie indirekt akzeptiert hatte? Ich bemerkte viele Emotionen, die ich während den Olympischen Spielen erlebte – und ich war oftmals auch im eigenen Widerspruch verstrickt.
Ich durfte gemeinsam mit meinem Partner und Co-Initianten Roger Bigger während drei Jahren dieses Geschäftsmodell aufbauen. Wir haben 2019 die passenden Partner gefunden, die gleich „ticken“ wie wir. Wenn der Schweizer Sportmarkt unsere Angebote auch annimmt, so wird das möglichweise mein letztes Berufskapitel. Ich bin derzeit voller Energie und «geladen», all unsere Ideen auf den Boden zu bringen. Wir sind prima gestartet. Und ich freue mich jetzt auf ganz viele spannende Begenungen mit Sportlerinnen und Sportlern, denen wir mit sportlifeone massgeschneiderte Mehrwerte bieten können.
Vielen Dank für das spannende Gespräch, Herr Zinser!